„Der Kreml. Gottesruhm und Zarenpracht"

26. Juni – 13. September 2004

Ausstellungsort
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstr. 7 (Ecke Stresemannstr.)
10963 Berlin

Veranstalter
Berliner Festspiele
Telefon: (+49-30) 25 48 6-0
Fax: (+49-30) 25 48 6-107
eMail:  organisation@gropiusbau.de

Eine Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, in Kooperation mit dem Staatlichen Kulturhistorischen Museum »Moskauer Kreml« und dem Martin-Gropius-Bau, Berliner Festspiele.
Mit freundlicher Unterstützung von »Kulturen im Dialog. Deutsch-Russische Kulturbegegnungen 2003/2004«.

Die Ausstellung in Berlin wird ermöglicht durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

„Mit der Kaiserin im Parke mondbestrahlt gegangen, viel, traut gesprochen über... das Wesen der Monarchie, Rußland, gottvoll, unvergeßliche Nacht; Heil dem Czaren, Anbetung dem Strahl der allmächtigen Krone" notierte Ludwig II. am 22. September 1867 anlässlich des Besuches der Zarin Maria Alexandrowna im Schloss Berg in seinem Tagebuch. Der bayerische Monarch befasste sich gerade in seiner Jugend und den ersten Regierungsjahren intensiv mit Russland, dem Zarentum und auch der orthodoxen Kirche. Unabhängig von der für ihn sehr wichtigen Frage des Gottesgnadentums der Majestät war es die persönliche Beziehung zu seiner Tante, die als Marie von Hessen-Darmstadt (1824-1880) geboren wurde und 1841 den Thronanwärter Alexander (II.) heiratete, die die o.g. Themen für Ludwig so interessant machten.
Zu der 21 Jahre älteren Zarin fühlte sich der König sehr hingezogen und verehrte sie nahezu muttergleich. Daher führten die beiden eine rege Korrespondenz und besuchten sich bei zahlreichen Gelegenheiten, so in Darmstadt, Kissingen, Schwalbach und München.

Die historischen, politischen und religiösen Hintergründe zu klären hilft derzeit eine sehenswerte Präsentation in Bonn. Sie vereinigt nahezu 300 Exponate aus den Museen des Moskauer Kreml zu einem erlebnisreichen Gang durch mehr als 800 Jahre Geschichte des Moskauer Kreml, der d a s Symbol für Russland, den orthodoxen Glauben und die russische Seele ist.

Die Verzahnung von Macht, Kirche und Familie waren die Voraussetzungen, um aus einer kleinen Festung an der Peripherie des Fürstentums Wladimir-Susdal mit Moskau die Hauptstadt von Altrussland und des modernen russischen Staates zu formen.Unter Iwan III. begann im 15. Jahrhundert die Verwandlung der Festung in eine prunkvolle Residenz für den Herrscher von ganz Rußland und das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Auch die zeitweilige Verlegung der Residenz nach St. Petersburg konnte die Bedeutung Moskaus und des Kremls, der weiterhin die Krönungskirche der Zaren beherbergte, nicht mindern.

Ikonen und Porträts, liturgische Geräte, Schmuck und Textilien, Kunsthandwerk, Rüstungen und Waffen sowie Karten und Bücher werden zusammen mit gut verständlichen Textfahnen so großzügig in der Bundeskunsthalle präsentiert, dass die Objekte ihre Kraft und Ausstrahlung voll entfalten können. Es ist aber unbedingt notwendig, sich mit der Ikonographie und Details der Objekte genau auseinanderzusetzen, um die Bedeutung einzelner Ausstellungsstücke für das Gesamtkonzept zu erkennen. Ein rasches Durchwandern oder oberflächliches Schauen würde sich gerade hier letztendlich als Fehler erweisen. Die teilweise komplizierten Strukturen des russischen (Staats-)Wesens und die enge Verzahnung zwischen Kirche und Macht sind für Westeuropäer nicht immer sofort entschlüsselbar.
Für die eingangs angesprochene Beziehung zwischen der Zarin und Ludwig II. sind in der Bonner Ausstellung besonders einige Aquarelle mit Innenansichten des Kreml (siehe die Abbildung mit dem Andreassaal der als Thronsaal genutzt wurde) sowie Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem 19. Jahrhundert von Interesse.

Den Höhepunkt bildet in diesem Zusammenhang sicherlich der in einer großen Vitrine mit weiteren Herrschaftszeichen ausgestellte Krönungsmantel der Kaiserin Maria Alexandrowna, den diese 1856 nutzte.

„Abschied, russische Hymne... dahin die Wonnetage! In goldigem Glanze!" schrieb Ludwig II. anlässlich eines Abschiedes von der Zarin. Diese Worte könnten dem Besucher gewiss nach dem Verlassen der Präsentation auch in den Sinn kommen.

Literaturempfehlungen

Selbstverständlich zuerst der hervorragende Ausstellungskatalog aus dem Hirmer Verlag (München), der nach einzelnen einführenden Aufsätzen alle Ausstellungsstücke beschreibt.

Zudem:
Detlef Jena, Die Zarinnen Rußlands (1547 - 1918), Regensburg 1999
und den Ausstellungskatalog „Prunkvolles Zarenreich. Eine Dynastie blickt nach Westen 1613 - 1917" (Köln, Museum für Angewandte Kunst, 24.08. bis 08.12.1996)


Marcus Spangenberg am 10.07.2004