Aus der Abenddämmerung der bayerischen Monarchie

Zahlreiche Bayern empfanden den 12. Dezember 1912 als „Zeitenwende“. Nach mehr als 26 Jahren Regentschaft war in den frühen Morgenstunden Prinz Luitpold von Bayern in der Münchner Residenz verstorben.

Zahlreiche Bayern empfanden den 12. Dezember 1912 als „Zeitenwende“. Nach mehr als 26 Jahren Regentschaft war in den frühen Morgenstunden Prinz Luitpold von Bayern in der Münchner Residenz verstorben. Die Ersten, die dies zu spüren bekamen, waren die Beschäftigten in den damals noch zahlreich vorhandenen Postämtern: Die Menschen standen Schlange für den Tagesstempel „12.12.12“, der wegen des großen Interesses über diesen Tag hinaus auf unendlich viele Ansichtskarten mit dem Porträt des beim Volk beliebten Wittelsbachers gedrückt wurde. Dass dabei auch Karten mit dem Porträt des Vorgängers Ludwig II. den Todestags-Stempel bekamen, mag mancher als stille Genugtuung empfunden haben: Bis heute gilt der Prinzregent bei nicht wenigen Königs-Fans als der „Mörder“ des sogenannten Märchenkönigs. Viel schlüssiger ist aber, dass viele Menschen vor 110 Jahren das Ende der Monarchie spürten.

Welche Facetten Luitpolds vor allem aus seiner Regentenzeit von 1886 bis 1912 in der Öffentlichkeit verbreitet werden sollten, zeigen zahlreiche Porträts – gemalt, fotografiert, gedruckt und als Medaille geprägt –, die das Haus der Bayerischen Geschichte just am 110. Todestag des Prinzregenten in Regensburg präsentierte. Es überwiegt der Herrscher als Militär und volksnah in Jagdbekleidung aus Loden.

Welche Bedeutung seitens des noch jungen Regensburger Kulturhauses der deutlich erweiterten Sammlung beigemessen wird, verdeutlichen die offiziellen „Präsentatoren“ der Preziosen: Neben dem gewohnt jovialen Direktor Richard Loibl, kamen eigens aus München Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, Ludwig Prinz von Bayern und der Sammler und Buchautor Jean Schlim. Aus seiner überaus reichen Sammlung zu den Wittelsbachern stammt die Mehrzahl der Objekte. In der Restaurierungswerkstatt wartet noch so manches Luitpold-Konterfei auf eine Auffrischung, bevor es in der einen oder anderen Form der Öffentlichkeit präsentiert werden kann. Für Richard Loibl ist es jedenfalls „wieder an der Zeit für eine Ausstellung zu Prinzregent Luitpold“. Schließlich läge die letzte große Präsentation im Münchner Stadtmuseum schon lange zurück.

Zum 200. Geburtstag gab es zwar kleinere Präsentationen im Museum der Bayerischen Könige in Hohenschwangau, im Bayerischen Nationalmuseum München und im Museum Obere Saline Bad Kissingen. Jedoch fehlt eindeutig ein aktueller und weitgefasster Blick auf die Ereignisse in Politik, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft zwischen 1886 und 1912/14, die sich – je nach Lesart – als die „gute, alte“ beziehungsweise „gute alte“ Zeit in manchen Köpfen eingebrannt hat.

Ludwig Prinz von Bayern, der sich am frühen Morgen über die frisch verschneite Autobahn von München nach Regensburg begeben hatte, zeigte sich von der Luitpold-Sammlung im Museum sehr angetan: „Mit jedem Kunstwerk lernt man ein kleines Stück eigene Geschichte kennen.“ Und diese Geschichte zeige auch, wie brüchig eine Friedenszeit, wie sie unter dem Prinzregenten war, sein kann. Kaum zwei Jahre nach dessen Ableben begann der Erste Weltkrieg. Dass ein solcher Bruch vom Frieden zum Krieg nicht wieder geschehe, sei eine Lehre, die wir beherzigen sollten, so das wohl zukünftige Oberhaupt des Hauses Wittelsbach.

Dieser Beitrag ist auch zu finden auf ludwigiana.de, hier um zwei Abbildungen erweitert.

Porträt von Prinzregent Luitpold, gezeichnet am Tag seines Todes. Bezeichnet „Meiner lieben Tochter Hertha zum Andenken an den Todestag unseres guten Prinzregenten – Luitpold – / F. Müller-B. d. 12. XII. 1912“, Sammlung Marcus Spangenberg.